von Josef Spindler
Dem Wunsche vieler Leser nachkommend, sei hier ein Bild vom Beginn der Besiedlung unserer Heimat gezeichnet, von den schwierigen Verhältnissen, unter denen die ersten Ansiedler, unsere Vorfahren, ihr schweres Werk als Bergleute begonnen haben. Ist es doch eine der wichtigsten Aufgaben eines Heimatblattes, die Geschichte der Entstehung und Entwicklung unserer Heimat auch für unsere Nachkommen und den folgenden Geschlechtern zu erhalten. Nicht zuletzt soll dieser geschichtliche Beitrag beweisen, dass die Gründer der Siedlungen unserer Heimat Urdeutsche waren, wie ja allein schon aus den Namen der alteingesessenen Familien hervorgeht. So gehören zu den ältesten Siedlernamen nachweisbar die Alpenländler Buchberger, Bradler, Zinecker. Die Spindler kamen etwas später aus Thüringen über Schlesien zugewandert, ebenso wahrscheinlich auch die Kohl, aus deren Name im Laufe der Zeit die Schreibweise Kahl entstand, und die Härings (mundartlich Harch). Die Adolfs stammen aus Ochsengraben, Ortsteil Leierhäuser, und wurden in Siebengründen in den heutigen Leierbauden ansässig. Auch die Hollmanns und Erlebachs waren spätere Ansiedler aus den Alpenländern (nach einem Bericht von Pfarrer Paukert), und zwar aus Hall und Schwaz in Tirol. Ihre Namen erhielten sie gewissermaßen erst im Riesengebirge, wo die Hollmanns nach ihrer Herkunft zuerst "Hallmann" genannt wurden, während man den Schwazer Ansiedler, einen "von Erlenbach", im Volksmund "Schwozer" nannte. Die Hallmanns wurden an der Elbe angesiedelt, nach ihnen erhielt der Ortsteil den Namen Spallerbauden (Spaltebauden); die Schwazer in Krausebauden, worauf der Berg über diesen Bauden "Schwozerkopp, später "Schweizerkoppe" genannt wurde.
Zur Erschließung der Bergwerke und zur Bergung der vorhandenen Schätze, insbesondere der Silber und anderen Erze, zog der Berghauptmann und Herrschaftsbesitzer Christoph von Gendorf zum Großteil die Deutschen aus den Alpenländern heran. Es war ein schwieriges Werk, das er mit ihnen hier in der unwirtlichen, weil weg- und steglosen, unberührten Urwaldwildnis begann, mitten im Herzen der Riesenberge, weitab von allen menschlichen Siedlungen.
Zu einer dieser historischen Stätten will ich nun den Leser im Geiste führen. Den Älteren ist sie gewiss noch gut bekannt, die Jüngeren aber lernen in Ihr und in ihrer Entstehung die Geburtsstunde unseres lieblichen, idyllischen St. Peter bei Spindelmühle kennen.
Wo sich Ziegenrücken und Heuschober mit dem Brunnberg im engsten Tale kurz vor der Vereinigung des Klausenbaches mit dem Langengrundwasser treffen, finden wir noch viele Reste alter Bauwerke, die auf den hier vor Zeiten betriebenen Bergbau hinweisen. Es sind dies vor allem verfallene oder noch einigermaßen erhaltene Stolleneingänge älterer und neuerer Zeit, Mauern. Grundmauern, mächtige Halden und sonstige Zeugen. Auch die Flurnamen tragen viel zur Aufklärung der vielfach schon in Vergessenheit geratenen Geschichte bei, so "Mühlboden", "De Holl" (Halde), "Kohlbaude", "Mühlbrücke und viele andere.
Außerdem findet man noch sichtbare oder schon halbverfallene Stolleneingänge, wie der Eingang neben der im Jahre 1908 erbauten Erzwäscherei, im Jahre 1907 in den Ziegenrücken getriebene neue Stollen, der Erich- und der Paulstollen, der St. Peter- und der St.-Josefstollen, letzterer schon im Langen Grunde hinter dem Plansteg im Lattichgraben in den Heuschober.
Einer der gewaltigsten Zeugen des hier vorhanden gewesenen Bergwerksbetriebes ist die "große Halde", die sich diesseits und jenseits des Klausenbaches neben der Hollmannbaude in zwei gewaltigen Bergen aufbaut. Sie vermittelt einen ungefähren Eindruck davon, wie emsig unsere fleißigen Vorfahren schafften. Diese beiden Halden sollen einst so nahe beisammen gewesen sein, dass von einer zur anderen ein neun Ellen (etwas sechs Meter) langes Brett reichte. Von unten waren sie durch Holzwände gestützt mit quer in die Halde eingelegten Holzbalken, unter denen der Klausenbach hindurchfloss. Im Laufe der Zeit fielen große Teile der lehmigen Erdmassen dem Wetter und Hochwässern zum Opfer und wurden vom Klausenbach fortgespült. Immerhin gewähren auch noch die Überreste eine ungefähre Vorstellung von dem einstigen umfangreichen und gewaltigem Betrieb an diesem Orte, überhaupt dann, wenn man bedenkt, dass damals die Erdmassen mit primitivsten Mitteln herangeschafft und aufgehäuft werden mussten, und alle nur aus dem Barbarastollen, auch Dreifaltigkeitsstollen genannt. Er ist beim jetzigen Waldrand am Klausenbache noch durch zwei grubenartige Vertiefungen erkennbar.
Der Betrieb scheint, wie aus der Größe der Halden zu schließen, auch ertragreich gewesen zu sein. Nach alten Überlieferungen wurden in der Hauptsache Silbererze gewonnen und auf schwierigen Transportwegen mit Pferdekarren über die Berge gebracht, wohl nach Schwarzenthal, wo ebenfalls Silber gefördert wurde, und weiter nach Kuttenberg.
Der Stollen ging zunächst als Schacht etwa 40 Ellen, nach einer anderen Angabe 60 Ellen, in die Tiefe und erst dann als Stollen in den Heuschober. Zur Beförderung des Materials sowie des anfallenden Wassers diente zunächst die handbetriebene Haspel. Später wurde in der Nähe der Grube ein Wasserrad aufgestellt, so dass nun die Wasserkraft ausgenutzt werden konnte. Man hatte dazu in das Wasser eine Radstube eingebaut, deren Mauerwerk wir noch als Kinder bewundern konnten. Allerdings stammte es von der zweiten Ausführung aus dem Jahre 1858. Nach dem Hochwasser von 1857 wurden sie zum Bau der Ufermauern verwendet.
Zu dem Wasserrad wurde das Wasser in einem Gerinne geleitet, das vom "Fluder" ausging, dem ehemaligen Wasserspeicher, von dem bis zum Hochwasser des Jahres 1897 noch einige starke Balken als Zeugen der ehemaligen Klause standgehalten hatten. In Betrieb war der Stollen bis zum Dreißigjährigen Krieg, etwa bis 1630, dann musste er infolge des Hochwassers und wohl auch der allgemeinen Not wegen aufgelassen werden. Ein Teil der Bergleute verblieb aber in den Hütten und wurde wahrscheinlich vom Grafen als Holzfäller und dergleichen beschäftigt. Außerdem hatten jene Bergleute noch einen kleinen Viehbestand und den allerdings kargen Boden zur Verfügung.
1687 wurde der Bergbau wieder aufgenommen und dürfte nun nahezu ein Jahrhundert betrieben worden sein, da ja das Bergkirchlein, neben dem einige Bergleute ruhen, erst 1725 gebaut wurde. Ein neuerliches Hochwasser zerstörte dann schließlich die gesamte Anlage und setzte den Schacht gänzlich unter Wasser, so dass an eine Fortsetzung des Betriebes nicht zu denken war.
Dass im Laufe der gleichen Periode auch an verschiedenen anderen Stellen bergbauliche Versuche unternommen wurden, zeigen die zahlreichen Mundlöcher und Eingänge verschiedener Stollen, so der St-Peter-Stollen (beim Hause Nr. 76) in den Ziegenrücken, der Paulusstollen, der in die Tiefe der Eisenkoppe führt und dem Berg den Namen gab, ferner der St.-Josefstollen im Lattichgraben in den Heuschober und der Schippla-Stollen oben auf dem Heuschober. Im Weißwassergrunde war am Fuße des Ziegenrückens ein etwa neun bis zwölf Meter langer Versuchsstollen in den Granit getrieben. An der Ziegenrückenlehne, am obersten Teil des Roseggerweges, ist deutlich bemerkbar ein Loch in den Quarz zu sehen, wahrscheinlich als eine Abbaustelle für die Glashütte in Friedrichsthal. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch an anderen Stellen Versuche unternommen wurden, von denen man nichts Genaueres weiß, so etwa im Elbgrunde. Da aber später der ergiebigste Stollen unter Wasser stand und sämtliche Einrichtungen zerstört waren, wurde der Bergbau in der Zeit um 1730 aufgelassen und 1796 durch den Grafen Morzin neu begonnen.
Inzwischen war auch der Holzbedarf immer größer geworden. Der Graf, dem gleichzeitig die Gruben gehörten, stellte daher die frei gewordenen Arbeiter als Waldarbeiter und Holzfäller ein. Es entstanden Brettsägen, wie die in Spindelmühle und später Friedrichsthal.
Zum Abtransport der Hölzer von den Berghängen wurden "Holzriesen" (alte Schreibart: "Hrisen") gebaut. Es waren dies Gleitrinnen, deren Bauart die herbeigerufenen Alpenländler aus ihrer Heimat mitgebracht hatten. Der Graf überließ als Grundherr seinen Arbeitern entsprechende Waldparzellen zum Roden und zum Wohnungsbau, um sie ansässig zu machen. Außerdem erhielt jeder genügend Bauholz. So entstanden auch an der Elbe und am Klausenwasser Streusiedlungen, wie wir sie noch von alten Bilden her kennen. Die an der Elbe wurden nach dem Namen der sie erbauenden Sippe "Spaller-" oder "Spaltebauden" genannt.
Um das Jahr 1857/1858, also vor 100 Jahren, gingen die Bergerechtsame und das Schürfrecht an die Familie Ehrlich, Grubenbesitzer in Kuttenberg, über. Diese Familie unternahm erneut den Versuch, etwa noch vorhandene Erze zu gewinnen. Der nach dem Besitzer benannte "Erichstollen" wurde in den Ziegenrücken getrieben. Mit seiner Hilfe wollte man das Wasser aus den Barbarastollen abziehen. Dabei wurde auch etwas Erz gewonnen. Die Grundmauern schräg gegenüber dem Hegerhause (Nr. 128) sind die Reste des Steigerhauses, das um 1860 abgebrochen und nach Spindelmühle (Nr. 18) übertragen wurde. Das Haus Nr. 78 dürfte wahrscheinlich für die Arbeiter erbaut worden sein.
Doch allzubald mussten auch diese Bemühungen abgebrochen werden, da das gewaltige Hochwasser am 1. August 1858 sämtliche Bauten jäh zerstörte. Wahrscheinlich wurde damals auch die neue Radstube gebaut, um das Wasser aus dem alten Stollen mittels Pumpwerk herauszuziehen. Aber alles war vergebliche Mühe. Für die Bevölkerung hätte das ohne Zweifel eine bedrohliche Verarmung bedeutet, würde nicht im Jahre 1860 der Lehrer Sacher gekommen sein. Ihm ist es in der Hauptsache zu verdanken, dass nun für das Riesengebirge, beziehungsweise für die bereits errichteten Ortschaften an der Elbe und an der Klause ein neues Zeitalter begann: die Zeit des Fremdenverkehrs. Die Mühle von St. Peter hatte man inzwischen in Spaltebauden (der alte Name von Spindelmühle) aufgebaut und in ihr ließ der Besitzer Franz Spindler einige Kammern zur Übernachtung von Touristen einrichten. Doch davon soll in einem späteren Artikel berichtet werden.
Ungefähr im April des Jahres 1907 begann es sich im rückwärtigsten Teil von St. Peter, um die Hollmannbauden, erneut zu regen. Die Brüder Alois und Franz Rücker aus Trautenau rückten mit sieben Bergleuten aus den Kohlengruben Markausch-Sedlowitz sowie einem Steiger namens Fieltorf an, warben noch etliche Arbeiter aus der Umgebung und begannen die alten Stolleneingänge zu öffnen und instandzusetzten. Sie hofften, auf Erze zu stoßen, hatten aber infolge vieler Schwierigkeiten wenig Erfolg. Auch reichten infolge der unvorgesehenen Hindernisse die Barmittel nicht aus. Da sie aber das einmal begonnene Werk nicht leichterdings aufgeben wollten, wandten sie sich in ihrer Not an verschiedene Bergwerksunternehmungen und hatten schließlich bei dem Grubenbesitzer Sobitschka in Prag, dem noch sieben andere Gruben gehörten, Erfolg. Von da an floss Geld nicht nur in die leeren Kassen, sondern auch in die Taschen der Arbeiter und Angestellten.
Es erfolgte alsbald die Einstellung einer Anzahl Arbeiter aus der näheren Umgebung als "Schipper", aber auch Lehrhauer und einzelne gewesene Bergleute aus dem Bergwerk der Elbeklemme wurden herbeigerufen. Die Arbeiten gingen nun in drei bis vier Schachtstellen in drei Schichten flott vorwärts und bald war die Belegschaft auf etwa vierzig Beschäftigte angewachsen. Ihnen wurden noch ein Obersteiger namens Sonnweber und der Steiger Schönach (Alpenländler) zur Beaufsichtigung zugeteilt. Einen geringen Erzfund förderte man auf den "Schippeln" aus dem alten Stollen zu Tage, verlud ihn gleich und versandte ihn nach Freiburg in Sachsen zur Verhüttung. Ein neuer Stollen wurde vom Mühlboden aus unterhalb des Hauses Nr. 72 in den Ziegenrücken getrieben. Man wollte auf diesem Wege das im alten Barbarastollen stehende Wasser ableiten, später die alte Grube durchforschen und womöglich Edelerze, Silber oder gar Gold, gewinnen. Doch all das waren Spekulationen, die wohl viel Geld verschlangen, aber wenig einbrachten. So wurden neben dem "neuen Stollen" eine Erzaufbereitung und Wäscherei sowie ein Stoßwerk und ein Stampfwerk mit Dampfmaschinenbetrieb unter großem Gepränge errichtet. Zu Barbara (4. Dezember 1907, dem Feiertag der Bergleute, war der erste Kirchgang. In feierlicher Wiese rückte die etwa 40 Mann starke Belegschaft aus, in neuen Uniformen, mit Fahne und Musik, zur Kirche nach Spindelmühle, wo ein feierliches Hochamt abgehalten wurde. Die Feier und das Essen fanden dann im Hotel "Buchberger" statt. Ansonsten spielte sich alles in der Hollmannbaude ab, wo die Kanzleiräume sowie die Ausgabe von Öl und Schießmunition waren und auch die Brüder Rücker wohnten.
Nachdem die Erzwäscherei in Gang gebracht, etwas Schwefelkies und Arsenikerz in geringer Menge gefördert und nach Freiburg geliefert waren, nahmen die Arbeiten ihren Fortgang. Man setzte den St.-Joseph-Stollen in Betrieb und machte auch alle anderen vorhandenen alten Stollen gangbar. Doch der eigentliche Erfolg blieb aus, die Gruben gaben nicht das her, was der Arbeitsaufwand verschlang. Sobitschka, der Geldgeber, wollte sich infolge der Unrentabilität schon zurückziehen, als der Krieg 1914/18 ausbrach und mit ihm ein Mehrbedarf an Arsenerz entstand. So wurde nun unter staatlicher Aufsicht weitergegraben, Bergleute wurden vom Kriegsdienst enthoben, neue eingestellt, so von der Steiermark der Hauer Kainradl. Das Wasser entlang bis zum Postplatz in Spindelmühle wurde ein Gleise gelegt und das Erz mittels Hunten (Loren) bis dahin verfrachtet. Von hier wurde es mittels Lastautos zur Bahn gebracht.
Endgültig wurde dann dieser Betrieb im Jahre 1923 stillgelegt, seitdem liegen die Gruben wieder brach.
Dem einstigen Erzbergbau verdankt die Villa "Glückauf" im Jahre 1910 ihr Entstehen. Das Erzwäschereigebäude wurde von der Gemeinde angekauft, die Maschinen riss man heraus und schaffte sie weg, die Lokomobile verwendete die Gemeinde als Reserve zum Betrieb des Elektrizitätswerkes, im Gebäude selbst wurden Arbeiterwohnungen eingebaut, wodurch das Gemeindehaus Nr. 2 mit der Nummer 178 entstand.
Das Wasser aus dem Silberstollen, dem "Barbarastollen", abzuleiten, gelang übrigens nie.
Viele schaffende Hände hatten Brot und Verdienst gefunden und mussten sich nun wieder einer anderen Beschäftigung zu wenden. Die Brüder Rücker aber waren verarmt.
Nach neueren Berichten aus der Heimat wird gegenwärtig (1961) der Bergbau in
St. Peter, aber auch in Krausebauden wieder eifrig betrieben und nach Uran gegraben.
Die Häuser um die Hollmannbaude sind mit Bergleuten besetzt.
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