In der Januarausgabe 2007 der Heimatzeitung "Riesengebirgsheimat" auf Seite 15 erschien der nachstehende Artikel:
In der "Riesengebirgsheimat", Ausgabe Februar 2004, erschien aufgrund einer Bitte von Herrn Jeannot Bartier ein Aufruf von Johann Ebert, HOB von Spindelmühle. Hierin bat er um Informationen über belgische Kriegsgefangene in Spindelmühle / Friedrichsthal, zu denen Henri J. Bartier, der Vater von Herrn Bartier jun. gehörte. Um möglichst viel über die Kriegsgefangenschaft seines Vaters in Erfahrung zu bringen, nahm er auch zu mir Kontakt auf. Selbst die lange Fahrt ins Riesengebirge scheute er nicht, um sich die von seinem Vater beschriebenen Örtlichkeiten selbst anzuschauen. Im Kreisarchiv Trautenau versuchte er Näheres über diese Zeit in Erfahrung zu bringen. All seine gesammelten Recherchen besprach er nach seiner Rückkehr aus Spindelmühle in Bad Liebenzell mit mir. Hierbei konnten wir noch einiges ergänzen und weitere Kontakte herstellen, die ihm halfen, sich Dokumente aus Hohenelbe und Breslau zu beschaffen. Während eines weiteren Aufenthaltes im Juni 2006 bei mir versetzen mich seine Forschungsergebnisse, gemeinen Gespräche und seine gesammelten Dokumente nun mehr in die Lage, die Geschichte von Spindelmühle um diesen Teil zu ergänzen.
Gruppe von 21 Belgischen Kriegsgefangenen am Spindlerpaß
In den Jahren 1937/38 war für die Tschechoslowakische Republik die Fertigstellung der Verteidigungs-/Bunkeranlagen auf dem Kamm des Riesengebirges gegen das Großdeutsche Reich abgeschlossen. In diesem Zusammenhang entstanden in Friedrichsthal für die tschechischen Streitkräfte ein Offiziersheim und drei Kasernen. Nach Anschluss des Sudetenlandes und Beginn des II. Weltkrieges, benutzte die Deutsche Wehrmacht diese drei Kasernen (F63, F64 und F65) als Kriegsgefangenenlager.
Spindlerpaß mit „Deutschen Zollhaus“ im Vordergrund.
(Die Postkarte mit diesem Bild brachte Herr Bartier mit.)
Am 12.07.1940 quartierte man dort
ca. 200 belgische Kriegsgefangene (KG) ein. Dies geht aus der Meldung
des Gendarmeriepostens Spindelmühle an den Landrat in Hohenelbe vom 13.07.1940
hervor. Diese Gefangenen wurden zu Waldarbeiten eingesetzt. Weitere 250 Gefangene
bezogen etwa am 10. Juli 1940 ihr Lager im "Deutschen Zollamt" am
Spindlerpaß und in einer Baracke der Firma Chemische Werke A.G. Brieg, Abt.
Straßenbau. Diese Baracke befand sich zwischen der Adolfbaude und dem Kammweg
Peterbaud-Spindlerbaude an der neuen Straße, auf der damals Sudetendeutschen
Seite. Zusätzliche 250 KG stationierte man in mehreren Baracken im so genanten
"Waldlager" wie es auf einer Ansichtskarte genannt wird
bei den Baberhäusern oberhalb von Hain im damaligen Schlesien. Dies ergibt sich
aus dem Schreiben des Wehrkreiskommandos VIII Breslau vom 21.10.1940. Alle diese
500 KG wurden zum Bau der Sudetenstraße eingesetzt. Hierzu gehörte auch die
Verbreiterung der Straße zwischen Bäckerei Adolf und der Spindlerbaude sowie
die Anlage neuer Wasserkanäle. Vor allem aber arbeiteten sie an der bis
heute nicht fertiggestellten neuen Straße zwischen dem Spindlerpaß und
Hain/Schlesien. Diese Arbeit war besondert hat, da ihnen keinerlei Maschinen
zur Verfügung standen.
Während des besonders schneereichen Winters 1940/41 im Riesengebirge, setzte
man sie, zusammen mit den KG vom Spindlerpaß, zum Schneeräumen in Spindelmühle
ein. Letztere hatten dann bereits den Fußmarsch vom Spindlerpaß hinunter sich.
Lies es das Wetter zu, begaben sie sich danach wieder hinauf in ihr Lager. Bei
starken Verwehungen und schlechter Sichtverhältnisse wurden sie jedoch zusätzlich
in den Friedrichsthaler Kasernen untergebracht.
In der Zeit vom 23. bis 26.01.1941 fanden in Spindelmühle die Deutschen Kriegs-Skimeisterschaften
statt. Etwa 14 Tage vor Beginn blockierten weitere starke Schneefälle die Straße
zwischen Hohenelbe und Spindelmühle. Neben einheimischen Helfern und deutschen
Soldaten wurden hierfür auch die Kriegsgefangenen zum Schneeräumen eingeteilt.
In der Zeit von Dezember 1940 bis Ende Februar 1941 entlies die Wehrmacht alle
belgischen KG bis auf fünf Berufssoldaten in ihre Heimat. Im Februar
kamen noch etwa 200 französische KG für einige Monate. Wo diese herkamen und
danach hingebracht wurden, ist unbekannt. Sie mussten sich gleichfalls an Schneeräumaktionen
beteiligen.
Im Herbst 1941 bezogen etwa 400 sowjetische KG die Kasernen in Friedrichsthal.
Für diese damals als "Untermenschen" bezeichnete galten
die vom OKW (Oberkommando der Wehrmacht) erlassenen strengeren Richtlinien,
insbesondere hinsichtlich des Arbeitseinsatzes und der Verpflegung. Die meisten
von ihnen leisteten harte Waldarbeit. Aus dem Sitzungsprotokoll des Spindelmühler
Gemeinderats vom 10.10.1941 geht hervor, dass etwa 100 KG für nachfolgende Arbeiten
eingesetzt werden sollten: Entfernung von Geröllmassen aus dem Elbebett zwischen
Savoy-Hotel und Mädelstegbaude; Herstellung der Autoparkplätze hinter dem Gendarmerie-Wohnhaus
(Nr. 243) und auf dem Hammerboden; Gewinnung der Steinmassen aus der Elbe; Herstellung
von Packlagersteinen und Schotter für Straßenbauzwecke. Sicherlich werden sich
noch manche ebenso wie ich daran erinnern, dass wir mit den hungrigen
KG Brot gegen selbstgebasteltes Spielzeug eintauschten. Laut Gemeinderatsitzungs-Protokoll
vom 25.11.1941 war im Todesfalle für diese Gefangenen ein Friedhof zwischen
Friedrichsthal und Krausebauden vorgesehen. Da das Lager bis Kriegsende 1945
bestand, ist davon auszugehen, dass besagter Friedhof eingerichtet wurde, auch
wenn mir darüber keine Informationen vorliegen. Diesen Friedhof zu finden und
entsprechend zu pflegen, wäre m. E. Aufgabe der jetzigen Stadtverwaltung von
Spindelmühle. Gleiches gilt hinsichtlich des unbekannten belgischen KG auf dem
Spindelmühler Friedhof, von dem Herr Bartier berichtet.
Mir liegt ein Bericht von Herrn Nechanitzky vor, indem er von zwei Konzentrationslagern
in Spindelmühle spricht. Diese Aussage entspricht nicht den Tatsachen! Unbestritten
ist jedoch die Existenz der im Einzelnen aufgeführten Kriegsgefangenenlager.
Nachfolgend der Bericht von Herrn Bartier. Die
Ergänzungen/Bemerkungen in [Klammern] wurden von mir eingefügt.
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