Quelle: Riesengebirgsheimat – Heimatblatt für den ehemaligen Kreis Hohenelbe – Jahrgang 1951

Dem schwarzen Franzel
von der Spindlerbaude zum Gedächtnis

von Georg Reimann, Burglengenfeld

Im großen, weiten deutschen Land,
da war der schwarze Franz bekannt;
die Eltern waren ganz gemein,
sie legten ihn ins Knieholz `rein.
Da schrie er, dass es ringsum hallt,
man hieß ihn drum Franz Schreier bald.
Seine Heimat war die Spindlerbaude
am Fuße der kleinen Sturmhaube.
Die Körperpflege war ihm fremd,
zerrissen waren Hos´ und Hemd.
Und Waren schafft´ er groß und klein
von Böhmen bis nach Schlesien `rein.
Das machte er doch so geschickt,
dass ihn ein Grenzer nie erwischt.
Und wollte er sie einmal necken,
so nahm er Heu auf seinen Rücken.




Der Schwarze von der Spindlerbaude

von Karl-Heinz Drescher, Leipzig

Unter dieser Überschrift stellt Erle Bach in ihrem Buch, "Das ganze Riesengebirge in Farbe", auf Seite 32 einige bekannte Persönlichkeiten dieser Gattung vor.

Einer von diesen war der "Schwarze von der Spindlerbaude". Wenn er im Gebirge plötzlich mit Schlapphut und schwarzem Vollbart aus dem Nebel auftauchte, flößte er Fremden einen gehörigen Schrecken ein, die ihn für Rübezahl persönlich hielten. Dabei war er die Gutmütigkeit in Person.

Er hieß Franz Schreyer und war ein Findelkind, um 1860 geboren. In der Spindlerbaude hatte er eine Heimat gefunden; sie war auch später sein Hauptquartier als Träger. Er gehörte zu den vielen, die auf ihren Rücken große Lasten über die Berge schleppten und ohne die ein Leben dort überhaupt nicht denkbar gewesen wäre.

Der "Schwarze von der Spindlerbaude" trug Butter hinab ins Tal, hauptsächlich nach Hirschberg. Denn der alte Hollmann von der Spindlerbaude betrieb, bevor die Baude einem verheerenden Brand zum Opfer fiel, in dem Frau und Kind umkamen, einen schwunghaften Butterhandel, sogar bis an die Nord- und Ostsee, wie die alten Handelsbücher ausweisen. Ohne den Schwarzen und seine gute Baudenbutter war der Hirschberger Wochenmarkt vor der Jahrhundertwende nicht denkbar. Die begehrte Ware war im Handumdrehen verkauft. Dann saß der bärtige Träger, umringt von Kindern, auf der Rathaustreppe und schnitt mit einem Taschenmesser Schnitten von einem Brotrampftel für das ihm noch ein wenig Butter geblieben war. Er hatte einen Heimweg von über dreißig Kilometern vor sich.

Oft musste der Butterträger den Weg von der Spindlerbaude über den Kamm nehmen, um kurz vor der Koppe ins Tal abzusteigen. Die Baudenbutter war auch begehrt in den Schlössern von Fischbach, Buchwald und Erdmannsdorf bei den fürstlichen Familien. Sogar um das 1888 vermählte preußische Kronprinzenpaar rankt sich eine Anekdote:

Eines Morgens stand plötzlich ein wildaussehender Mann im Schlossgarten von Erdmannsdorf vor der Kronprinzessin. Er fragte, ob sie denn zum Hause gehöre? Als sie das bejahte sagte er streng zu dem vermeintlichen Fräulein:
"Do brenga se ock bale an risch die gude Putter nei zu da hucha Herrschofta aus Berlin. Se sull zum Friehstücke sein. Macha se ock risch, doaß se nich zerlaufa tutt!"

Die verdutzte Kronprinzessin nahm dem Schwarzen von der Spindlerbaude die frische Butter ab. Sie soll den Majestäten an diesem Morgen köstlich gemundet haben.


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